Der lateinische Begriff Insolvenz (lat. insolvens, „nicht-lösend“, im Sinne von: „Schuldscheine nicht einlösen könnend“) meint die Unfähigkeit eines Schuldners, Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Gemeint ist akute Zahlungsunfähigkeit, drohende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung. Allgemein dient ein Insolvenzverfahren der Haftungsverwirklichung. Das Insolvenzrecht sieht Liquidation, übertragende Sanierung und Sanierung des Schuldners als gleichwertig. Das Insolvenzgericht berücksichtigt die Ansprüche aller Gläubiger in gleichem Maße. Das Vermögen des Schuldners wird auf die Gläubiger verteilt.
Ein Insolvenzverfahren startet nur auf Antrag. Zuständig ist das Amtsgericht als Insolvenzgericht, in dessen Bezirk das Unternehmen liegt. Sowohl Gläubiger als auch Arbeitnehmer mit offenen Lohnforderungen oder der Arbeitgeber selbst können den Antrag stellen. Der Betriebsrat ist kein Gläubiger – und nicht antragsberechtigt. Der Gläubiger muss Forderung und Antrag begründen können. Es gibt drei Gründe: Zahlungsunfähigkeit, Überschuldung und drohende Zahlungsunfähigkeit.
Zahlungsunfähig ist, wer objektiv nicht in der Lage ist, fällige Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Zahlungsunwilligkeit und kurze Engpässe zählen nicht. Bei juristischen Personen und Gesellschaften, für die keine natürliche Person haftet, ist auch Überschuldung ein Grund. Sie liegt vor, wenn Verbindlichkeiten das Schuldnervermögen übersteigen. Drohende Zahlungsunfähigkeit ist ein weiterer möglicher Grund, wenn der Antrag vom Schuldner kommt. Das setzt voraus, dass der Schuldner bestehende Zahlungsverpflichtungen voraussichtlich nicht erfüllen kann.
Das Insolvenzgericht prüft und kann Sicherungsmaßnahmen anordnen, etwa einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellen. Auf den geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen über, wenn das Insolvenzgericht ein Verfügungsverbot ausspricht.
Auswirkungen der Insolvenz auf die Arbeitnehmer
Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens rührt nicht an bestehende Arbeitsverhältnisse. Die arbeitsrechtlichen Vorschriften der Insolvenzordnung werden bei Aufrechterhaltung des Kündigungsschutzes und Geltung des § 613a BGB (Betriebsübergang) aber verkürzt, um Investoren zu gewinnen und Unternehmenssanierung zu erleichtern. Bloß, weil ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde, müssen keine außerordentlichen oder ordentlichen Kündigungen nötig sein. Der vorläufige Insolvenzverwalter tritt an die Stelle des Arbeitgebers, nur er darf kündigen. Kündigungsschutzklagen werden gegen ihn erhoben. Er kann Mitarbeiter von der Arbeit freistellen, wenn keine sinnvolle Beschäftigung mehr möglich ist.
Entgeltforderungen der Arbeitnehmer sind Masseverbindlichkeiten, falls der Schuldner sie für einen Zeitraum nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens schuldig bleibt. Entscheidend ist, ob die Arbeitsleistung in der Zeit danach erbracht wurde. Der Insolvenzverwalter muss die Arbeitsleistung nicht tatsächlich abrufen, Annahmeverzug genügt – Guthaben auf Arbeitszeitkonten werden übrigens der tatsächlichen Arbeitszeit zugeordnet.
Vor Insolvenzeröffnung begründete vertragliche oder tarifliche Abfindungsansprüche sind einfache Insolvenzforderungen. Abfindungen aus Sozialplänen gehören nur dann zu den Masseverbindlichkeiten, wenn der Sozialplan erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zustande kam oder von einem vorläufigen Insolvenzverwalter erstellt wurde. Ansprüche aus Sozialplänen, die früher als drei Monate vor dem Insolvenzverfahren wirksam wurden, sind einfache Forderungen.
Die Ansprüche der Arbeitnehmer für die letzten drei Monate vor der Insolvenz sind durch das Insolvenzgeld gesichert. Die notwendigen Mittel bringt der Arbeitgeber in einem Umlageverfahren mit den Unfallversicherungsträgern auf. Anspruch haben alle Arbeitnehmer und Auszubildenden. Das Insolvenzgeld wird in Höhe des Nettogehalts gezahlt, das sind alle Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis. Seine Höhe wird maßgeblich durch den Insolvenzzeitraum bestimmt, also durch die dem Tag des Insolvenzereignisses bzw. bei Weiterarbeit seiner Kenntnisnahme vorausgehenden drei Monate. Jahressonderzahlungen sind bei der Berechnung des Insolvenzgeldes in voller Höhe zu berücksichtigen. Einer Vorfinanzierung der Löhne und damit des Insolvenzgeldes durch Dritte (etwa Banken) muss die Agentur für Arbeit zustimmen. Mit Antragstellung geht die Bruttoforderung des Arbeitnehmers auf sie über.
Auswirkungen der Insolvenz auf die Betriebsräte
Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat keine Auswirkungen auf die Amtszeit des Betriebsrates. Allerdings gelten Besonderheiten zu allgemeinen Regelungen im Betriebsverfassungsgesetz. So kann der Insolvenzverwalter Betriebsvereinbarungen leichter kündigen (vgl. § 120 Insolvenzordnung/InsO). Die erforderlichen Kündigungen, Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen laufen normal ab. Allerdings sieht die InsO einige wichtige Sonderregelungen bei Betriebsänderungen in der Insolvenz vor: im Wesentlichen Vereinfachungen bzw. zeitmäßige Beschleunigungen des Interessenausgleichsverfahrens sowie Erleichterungen beim Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen und bei Betriebsübergängen.
Auch in der Insolvenz besteht die Pflicht, bei einer Betriebsänderung einen Interessenausgleich zu versuchen. Das gilt auch, wenn der Betriebsrat erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens gewählt wird. Betriebsrat oder Insolvenzverwalter können auch sofort die Einigungsstelle anrufen. Ist das dem Insolvenzverwalter zu langwierig, kann er die Zustimmung des Arbeitsgerichts zur Betriebsänderung ohne Einigungsstelle beantragen, wenn binnen drei Wochen nach Verhandlungsbeginn kein Interessenausgleich zustande kommt. Das Arbeitsgericht erteilt die Zustimmung, wenn es die wirtschaftliche Lage des Unternehmens unter Berücksichtigung der sozialen Belange der Belegschaft erfordert.
Für den Abschluss eines Sozialplans besteht kein mit dem Interessenausgleich vergleichbarer Zeitdruck. Es gibt keine verfahrensrechtlichen Besonderheiten. Allerdings wird durch § 123 Abs 1, 2 InsO das Sozialplanvolumen auf einen Gesamtbetrag von 2,5 Monatsverdiensten der von der Entlassung betroffenen Arbeitnehmer begrenzt. Zudem darf für Sozialplanforderungen nicht mehr als ein Drittel der Masse verwendet werden, die ohne Sozialplan da wäre. Übersteigt das Sozialplanvolumen diese Grenze, werden die einzelnen Forderungen anteilig gekürzt. Sozialplanforderungen sind anders als nach früherer Gesetzeslage nur Masseverbindlichkeiten, haben also keine Priorität bei der Insolvenzmasse.
Für den durch den Insolvenzverwalter herbeigeführten Betriebsübergang gilt § 613a BGB. Damit die Übernahme eines Betriebs durch diese Vorschrift nicht erschwert wird, hat der Gesetzgeber die Stellung des Käufers durch § 128 InsO deutlich verbessert. So werden Rationalisierungen im Vorgriff auf einen Verkauf ermöglicht. Des weiteren mildert § 128 Abs 2 InsO die eventuell abschreckende Wirkung des Kündigungsverbotes gemäß § 613 a Abs 4 Satz 1 BGB.
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