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SWP-Anwälte in Düsseldorf - Fachanwalt für Arbeitsrecht

02/2016 Aus den Augen, aus dem Sinn! …? Zuständigkeit eines Betriebsrates für im Ausland tätige Mitarbeiter

Betriebsräte

Als Chuck Noland (gespielt von Tom Hanks) in dem Film Cast Away nach einem Flugzeugabsturz über einer einsamen Insel als einziger Passagier überlebte, aber für viele Jahre dort festsaß, war er für seine Frau zwar tatsächlich aus den Augen und aus dem Sinn; trotzdem haben sie sich die ganze Zeit weiter verbunden gefühlt. Betriebsräte fühlen sich auch häufig für im Ausland tätige Mitarbeiter zuständig. Teils zu Unrecht, teilweise aber auch zu Recht:

Viele deutsche Unternehmen mit Betriebsrat sind international tätig. Montagemitarbeiter werden zum Aufbau von Anlagen oft monatelang ins Ausland geschickt oder angestellte Mitarbeiter jahrelang in ausländische Niederlassungen entsendet. Dabei behalten sie in der Regel ihren deutschen Arbeitsvertrag, werden weiterhin in Deutschland sozialversichert und erhalten auch ihr Gehalt in Deutschland.

Allerdings rätseln Arbeitgeber und Betriebsrat in solchen Fällen häufig, ob der Betriebsrat für diese Mitarbeiter auch während der Zeit im Ausland betriebsverfassungsrechtlich zuständig bleibt.

Dabei stellen sich für Arbeitgeber und Betriebsrat z.B. folgende Fragen:

  • ob der Arbeitgeber den Betriebsrat bei einer geplanten Versetzung von Mitarbeitern in das Ausland nach § 99 BetrVG beteiligen muss,
  • ob die Betriebsvereinbarungen für den im Ausland arbeitenden Mitarbeiter weiterhin   gelten
  • ob die im Ausland arbeitenden Mitarbeiter während der Zeit im Ausland bei einer Betriebsratswahl aktiv und passiv wahlberechtigt sind.

Welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit ein Mitarbeiter trotz Beschäftigung im Ausland zum Inlandbetrieb gehört, hat das Landesarbeitsgericht München in einem Beschluss vom 08.07.2009, Az 11 TaBV 114/08, folgendermaßen beurteilt:

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und herrschender Lehre richtet sich der räumliche Anwendungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes [BetrVG] nach dem sog. Territorialitätsprinzip. Anknüpfungspunkt ist der Sitz des Betriebes. Das Betriebsverfassungsgesetz findet auf alle in der Bundesrepublik Deutschland gelegenen Betriebe Anwendung.

Es spielt also zunächst keine Rolle, dass der Arbeitnehmer im Ausland ist und auf das Vertragsverhältnis ausländisches Recht angewendet wird – er wird weiterhin zum Hauptbetrieb gezählt, der in unserem Fall in Deutschland sitzt. Umgekehrt gilt das natürlich auch für Betriebe die im Ausland sitzen und Angestellte nach Deutschland schicken.

Wie weit jedoch das BetrVG auf den Angestellten im Ausland angewendet wird, ist mit dem Territorialitätsprinzip nicht beantwortet. Es handelt sich hierbei nämlich um eine Frage des persönlichen und nicht des räumlichen Geltungsbereichs des Betriebsverfassungsgesetzes. Zumindest ist man sich einig, dass deutsches Betriebsverfassungsrecht auf Mitarbeiter im Ausland anwendbar ist, soweit sich deren Auslandstätigkeit als „Ausstrahlung“ des Inlandsbetriebes darstellt.

1. Fall: Nur vorübergehende Entsendung ins Ausland

Bei vorübergehenden Entsendungen ins Ausland, orientiert sich die Rechtsprechung in erster Linie an der Dauer der Auslandstätigkeit. Arbeitnehmer, die vorübergehend ins Ausland entsandt werden, sind dem deutschen Betrieb zuzurechnen.

2. Fall: Dauernde Tätigkeit im Ausland ohne Inlandsbezug

Arbeitnehmern, die dauernd im Ausland tätig sind und insbesondere nur für einen bestimmten Auslandseinsatz eingestellt wurden und nie im inländischen Betrieb tätig waren, fehlt es an einer hinreichenden Beziehung zum Inland.

3. Fall: Dauernde Tätigkeit im Ausland mit Inlandsbezug

Das Bundesarbeitsgericht hat allerdings in einem Fall dauernder Auslandstätigkeit (Reiseleiterin in Tunesien) den Inlandsbezug deshalb bejaht, weil die Auslandstätigkeit

  • ohne Integration in einem Auslandsbetrieb stattfand,
  • im Arbeitsvertrag eine Verpflichtung, ggf. im Inland tätig zu werden, enthalten war und
  • weil die Arbeitnehmerin unmittelbar dem Direktionsrecht der im Inlandsbetrieb tätigen Vorgesetzten unterworfen war.

Ähnliches gilt auch in anderen Berufen, wenn der – auch dauerhafte – Auslandseinsatz außerhalb einer festen im Ausland befindlichen betrieblichen Organisation stattfindet.

Nach der geschilderten Rechtsprechung hängt die Beantwortung der Frage, ob der Inlandsbezug eines im Ausland tätigen Mitarbeiters erhalten geblieben ist, von den Umständen des Einzelfalls ab, wie:

  • der Dauer des Auslandseinsatzes
  • der Eingliederung in einen Auslandsbetrieb
  • dem Bestehen und den Voraussetzungen eines Rückrufrechts zu einem Inlandseinsatz
  • dem sonstigen Inhalt der Weisungsbefugnisse des Arbeitgebers

Der für die Anwendbarkeit des Betriebsverfassungsgesetzes erforderliche Inlandsbezug ist somit zu verneinen, wenn:

  • die Mitarbeiter ausschließlich für den Auslandseinsatz beschäftigt werden
  • individualrechtlich keine Rückrufmöglichkeit nach Deutschland vorbehalten ist
  • die Mitarbeiter dem Weisungsrecht des jeweiligen Vorgesetzten im Auslandsbetrieb unterworfen sind

Um einen Inlandsbezug klarzulegen reicht es demnach nicht aus, dass die Gesamteinsatzplanung der im Ausland arbeitenden Mitarbeiter vom Arbeitgeber in Deutschland konzipiert wird und den Mitarbeitern in Deutschland Fortbildungsmaßnahmen zuteilwerden.

Eine „Ausstrahlung“ des inländischen Betriebs liegt nicht vor, wenn der ausländische Betrieb lediglich denselben wirtschaftlichen Zweck verfolgt wie der inländische Hauptbetrieb. Eine betriebsverfassungsrechtliche Verknüpfung von Haupt- und Nebenbetrieb bzw. Betriebsteil allein auf Grund des gemeinsamen Betriebszwecks ist dem deutschen Betriebsverfassungsrecht fremd.

Bei diesen diversen Fällen lohnt es sich für Betriebsräte, jeden Fall eines Mitarbeiters der mit deutschem Arbeitsvertrag im Ausland tätig ist, einzeln zu prüfen. Ist z.B. ein Mitarbeiter dauernd im Ausland beschäftigt, wird dabei aber vom Inlandbetrieb „gesteuert“, können sie in die Zuständigkeit des Betriebsrates fallen. Dies liegt in der Regel auch im Interesse des Mitarbeiters.

Redaktion

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