Ein Anspruch auf Home-Office... aber bitte durch Betriebsvereinbarung!
Was haben Corona-Krise und die Digitalisierung der Arbeitswelt gemeinsam?
Eine ganze Menge!
Die Corona-Krise hat die bereits durch die Digitalisierung der Arbeitswelt entfachte Diskussion über einen Anspruch eines Arbeitnehmers auf einen Home-Office-Arbeitsplatz neu belebt.
Die zunehmende Digitalisierung der Arbeitswelt hat die technischen Möglichkeiten, von unterwegs aus mobil zu arbeiten, bereits vor Ausbruch der Corona-Pandemie erheblich erweitert und die Diskussion über passende mobile Arbeitsformen außerhalb des Betriebes in Gang gesetzt. Während Arbeitgeber und Arbeitgeberverbände durch die Digitalisierung in den letzten Jahren zwar lautstark eine Flexibilisierung von Arbeitszeiten und Arbeitsformen bei den Arbeitnehmern forderten, sperrten sie sich dagegen bislang hartnäckig, Arbeitnehmern unter bestimmten Bedingungen einen Anspruch auf einen Home-Office-Arbeitsplatz zu gewähren. Und dies, obwohl viele Mitarbeiter starkes Interesse an einer Home-Office-Regelung bekundet hatten. Ihre ablehnende Haltung begründeten Arbeitgeber in aller Regel damit, dass einerseits die gesetzlichen und sonstigen Anforderungen an einen Home-Office-Arbeitsplatz zu hoch und andererseits viele Funktionen und Tätigkeiten von Arbeitnehmern für Home-Office nicht geeignet seien. Tatsächlich befürchteten Arbeitgeber aber vor allem einen Kontrollverlust, was die Arbeitszeiten, die Qualität und Produktivität ihrer Arbeitnehmer angeht.
Dementsprechend verliefen bisher die meisten Initiativen von Betriebsräten im Sande, mit dem Arbeitgeber über die Einrichtung von Home-Office-Arbeitsplätzen eine Betriebsvereinbarung abzuschließen, die auch Ansprüche der Mitarbeiter auf einen solchen Home-Office-Arbeitsplatz begründen. In den seltensten Fällen gelang es jedenfalls Betriebsräten, ihre Arbeitgeber von der Sinnhaftigkeit einer solchen Betriebsvereinbarung zu überzeugen.
Mit Ausbruch der Corona-Krise hat sich das Bild nun drastisch geändert. Strikte Hygienevorschriften und Kontaktbeschränkungen sowie die Schließung von Geschäften, Läden und Büros haben inzwischen dazu geführt, dass Arbeitgeber ihre Mitarbeiter gleich reihenweise ins Home-Office schickten und von dort aus weiter arbeiten ließen. Nach aktuellen Schätzungen arbeitet in Deutschland derzeit etwa jeder vierte Mitarbeiter im Home-Office. Auch Arbeitgeber scheinen langsam zu realisieren, dass Home-Office-Lösungen in vielerlei Hinsicht vorteilhaft sind, nicht nur aus Kostengesichtspunkten.
Da kam die der Presse gegenüber am 26.04.2020 bekannt gegebene Ankündigung des Arbeitsministers Hubertus Heil, im Herbst dieses Jahres einen Gesetzesentwurf zur Regelung eines Anspruchs auf einen Home-Office-Arbeitsplatz vorzulegen, zum richtigen Zeitpunkt.
Die Corona-Krise hat jedenfalls gezeigt, dass Home-Office-Lösungen doch in ganz vielen Bereichen zu funktionieren scheinen. Die Festlegung von Rahmenbedingungen spielt bei der Vereinbarung von Home-Office-Lösungen gerade jetzt, wo so viele Mitarbeiter im Home-Office tätig sind, eine zentrale Rolle. Hier sollten die Betriebsräte ihre Arbeitnehmer nicht sich selbst überlassen.
Zwar hat der Betriebsrat nach wie vor kein erzwingbares Mitbestimmungsrecht bei der Schaffung und Vereinbarung von Home-Office-Lösungen. Jedoch bleibt es dem Betriebsrat unbenommen, die Initiative zu ergreifen und mit dem Arbeitgeber über den Abschluss einer gemäß § 88 BetrVG freiwilligen Betriebsvereinbarung zum Thema Home-Office zu verhandeln.
Inhalt einer Betriebsvereinbarung sollten u.a. Rahmenregelungen zur näheren Ausgestaltung von Home-Office Lösungen sein. Hierunter fallen beispielsweise Regelungen zu Arbeitszeiten und Arbeitsort, zur Ausgestaltung des Home-Office Arbeitsplatzes, zu einem ev. Zugangsrecht des Arbeitgebers, zur Einbindung der Berufsgenossenschaft, zu Haftung und Versicherung sowie zum Datenschutz. Ein Anspruch auf einen Home-Office Arbeitsplatz sollte zumindest gefordert werden, soweit sich die Tätigkeit hierfür grundsätzlich eignet.
Gesetzliche Vorgaben zum Arbeitsschutz beachten!
Zu beachten sind insbesondere auch die gesetzlichen Vorgaben zum Arbeitsschutz.
Denn sämtliche Arbeitsschutzvorschriften gelten auch für die Arbeit im Home Office, insbesondere das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG). Anhand der Generalklauseln in den §§ 3, 4 ArbSchG sind zahlreiche Rechtsverordnungen erlassen worden, die die Anforderungen an die Gestaltung der Arbeit und der Arbeitsabläufe detailliert vorgeben, insbesondere die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV).
Gem. § 3 Absatz 1 der ArbStättV ist der Arbeitgeber verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. Dazu hat er den Schutz seiner Beschäftigten durch geeignete technische, organisatorische oder persönliche Maßnahmen zu gewährleisten. Eine Gefährdungsbeurteilung nach den §§ 5 und 6 ArbSchG ist also auch für Arbeitsplätze im Home Office durchzuführen. Dies bedeutet zum einen die Pflicht zur Ermittlung der notwendigen Maßnahmen für die sichere Bereitstellung und Benutzung der arbeitgeberseitig überlassenen Arbeitsmittel (§ 3 Absatz 1 Betriebssicherheitsverordnung, BetrSichV).
Hierbei hat der Arbeitgeber insbesondere die Gefährdungen zu beachten, die mit der Nutzung der Arbeitsmittel selbst verbunden sind und die am Arbeitsplatz durch Wechselwirkungen der Arbeitsmittel untereinander oder mit Arbeitsstoffen oder der Arbeitsumgebung hervorgerufen werden. Gefährdungen können sich mithin aus dem Arbeitsplatz selbst oder den eingesetzten Geräten ergeben, aber auch aus der Person des Arbeitnehmers selbst in der speziellen heimischen Arbeitsumgebung. Die konkrete Beurteilung am avisierten Arbeitsplatz des Arbeitnehmers daheim ist die Grundlage für die konkret zu treffenden Maßnahmen.
Wie kann der Arbeitgeber die ihm gesetzlich auferlegten Schutzpflichten erfüllen?
Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung sind die Maßgaben des § 3 ArbStättV zu beachten und insbesondere physische und psychische Belastungen zu ermitteln.
In einer Betriebsvereinbarung zum Thema Home Office kann ohne weiteres festgelegt werden, dass der Arbeitnehmer sein Büro nach bestimmten Vorgaben einrichten muss, ggf. bestimmte Einrichtungsgegenstände des Arbeitgebers zu nutzen hat. Daneben kann der Arbeitgeber auf die Regelungen der §§ 15, 16 ArbSchG zurückgreifen. Diese ermöglichen es ihm, die Beschäftigten zu verpflichten, nach ihren Möglichkeiten sowie gemäß der Unterweisung und Weisung des Arbeitgebers für ihre Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit Sorge zu tragen und jede von ihnen festgestellte unmittelbare erhebliche Gefahr für die Sicherheit und Gesundheit unverzüglich zu melden. Hierbei muss der Arbeitgeber die Arbeitnehmer detailliert bezüglich Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit unterweisen (§ 12 ArbSchG). Er kann eine Begehung und Bewertung des Home Office- Arbeitsplatzes anbieten. Hierauf muss sich der Arbeitnehmer aber nicht einlassen.
Jetzt als Betriebsrat die Chance zu Home-Office-Lösungen nutzen!
Auch wenn es bei dem Abschluss von Betriebsvereinbarungen zum Thema Home-Office den einen oder anderen Fallstrick gibt:
Gemeinsam lassen sich diese zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber gut lösen. So hilft es sehr, dass sich die Betriebsparteien bereits vor Beginn der Gespräche über den Abschluss einer Betriebsvereinbarung Home Office genau anschauen, welche Tätigkeiten in welchem Umfang geeignet sind, aus dem Home Office heraus zu erledigen. Hier sind die aktuellen Erfahrungen in der Corona-Krise eine wertvolle Hilfe bei der zügigen Ermittlung. Auf dieser Grundlage kann dann eine passgenaue Lösung in der Betriebsvereinbarung entwickelt und vereinbart werden.
Die Chance, dass Betriebsräte ihren Arbeitgeber von dem Abschluss einer Betriebsvereinbarung zum Thema Home-Office überzeugen können, sind seit dem Ausbruch der Corona-Krise und dem sprunghaften Anstieg von Home-Office-Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Mitarbeitern jedenfalls deutlich größer geworden.
Diese Chance sollten Sie sich als Betriebsräte nicht entgehen lassen.
Zögern Sie nicht, uns eine Mail zu schicken oder uns anzurufen, wenn Sie bei dem Entwurf einer Betriebsvereinbarung oder bei Verhandlungen mit dem Arbeitgeber zum Thema „mobiles Arbeiten“ oder Home Office anwaltliche Unterstützung benötigen.
Wir sind gerne für Sie da!