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Human Capital Management SoftwareWorkday und Co.

HR digitalisiert und wandelt sich…mit weitreichenden Auswirkungen auf die Mitbestimmung!

Die Arbeit der Personalabteilungen wurde in der Vergangenheit von EDV-Systemen im Bereich der reinen Personaladministration, Gehaltsabrechnung und Zeitwirtschaft unterstützt. Der Einsatz dieser Systeme löste Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates aus im Bereich von § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Die hierzu zu vereinbarenden Betriebsvereinbarungen bargen keine besonders komplexen Schwierigkeiten. Meist ging es nur darum, die Verhaltenskontrolle im Bereich der Einhaltung der Arbeitszeiten zu beschränken. Die weiteren verarbeiteten persönlichen Daten, wie z. B. die Stammdaten, lösten keine Mitbestimmungsrechte aus, weil sie keine Rückschlüsse auf das Verhalten oder die Leistung der Mitarbeiter ermöglichten.

Seit einigen Jahren hat sich dies im Rahmen der laufenden Digitalisierung gewaltig geändert. Neue komplexe Human Capital Management (HCM) Softwarepakete haben die bisherigen Programme abgelöst. Zu den verbreitetsten HCM Softwarepaketen gehören Workday HCM, SAP SuccessFactors, Cornerstone on Demand und Umantis.

HCM-Software kann neben den bekannten Themen der Personaladministration, Gehaltsabrechnung und Zeitwirtschaft auch alle Entwicklungen, Qualifikationen und Karriereschritte der Mitarbeiter innerhalb eines Konzerns weltweit steuern. Dabei kann eine HCM-Software Personalprozesse rund um die Themen

  • Zielvereinbarung und Leistungsbewertung,
  • Entlohnung,
  • Einstellungen und Versetzungen,
  • Qualifikationen,
  • Entwicklungs- und Nachfolgeplanung

zentral und digital steuern.

Es sieht von außen so aus, als ob der Arbeitgeber „nur“ eine weitere Software einführen möchte. Tatsächlich verfolgt der Arbeitgeber aber den digitalen Einstieg in eine ganz neue Personalplanungs- und –steuerungsphilosophie.

Eine HCM-Software erfasst viele Daten über die Mitarbeiter und wertet sie aus, wie z. B. die Ergebnisse von Leistungs- und Potenzialeinschätzungen durch die Vorgesetzten. Die zentrale Datenquelle hierfür bilden die jährlichen Zielvereinbarungs- und Zielerreichungsgespräche zwischen Vorgesetztem und Mitarbeiter. Die so in der HCM-Software gespeicherten Zielvereinbarungen und Leistungsbeurteilungen ermöglichen über die HCM-Software eine Gehaltsplanung, die die Vergütungsbausteine direkt an die erzielte Leistungsbewertung des Mitarbeiters knüpft. Das Gleiche gilt für individuelle Qualifizierungspläne sowie Karriere- und Nachfolgeplanungen.

Auf diese Weise erhält der Arbeitgeber auf einmal weit reichende Möglichkeiten der Personalplanung, -steuerung und –analyse. Er erhält digital Antworten auf Fragen, wie z. B.:

  • Wer sind die „high-performer“ und wer die „low-performer“?
  • Wer hat aus der Sicht der Führungskräfte welches Entwicklungspotenzial?
  • Wer soll eine Gehaltserhöhung bekommen und wer nicht?
  • Wie entwickeln sich die Personalkosten? Wie lassen sie sich senken?
  • Wer darf welche Qualifikation erhalten und bei wem „lohnt“ sich eine Qualifzierungsmaßnahme aus der Sicht der Führungskräfte nicht (mehr)?

All dies kann eine Vielzahl von Mitbestimmungsrechten auslösen. Dazu gehören

  • § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG, soweit der Arbeitgeber die technische Möglichkeit hat, über die HCM-Software das Verhalten und die Leistung der Mitarbeiter zu kontrollieren, auch wenn er dies nicht bezweckt,
  • § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG, soweit der Arbeitgeber die HCM-Software nutzen will für Fragen der betrieblichen Lohngestaltung,
  • § 92 BetrVG, soweit der Arbeitgeber die HCM-Software nutzen will für die Personalplanung,
  • § 94 Abs. 2 BetrVG, soweit der Arbeitgeber die HCM-Software nutzen will für ein Beurteilungssystem,
  • § 95 BetrVG, soweit der Arbeitgeber die HCM-Software nutzen will für die Auswahl von Mitarbeitern bei der Besetzung von freien Stellen,
  • §§ 96 bis 98 BetrVG, soweit der Arbeitgeber die HCM-Software nutzen will für die Festlegung von Qualifikationsmaßnahmen und Schulungen.

Deshalb ist es zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der Mitbestimmungsrechte bei Weitem nicht ausreichend, wenn in der Betriebsvereinbarung über die Einführung der HCM-Software Regelungen zur Leistungs- und Verhaltenskontrolle nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG getroffen werden. Die Betriebsvereinbarung hat vielmehr auch Regelungen zu den o. g. Punkten zu enthalten. Im Ergebnis führt dies zu einem Wust an Regelungspunkten, was häufig übersehen wird.

SWP-Tipp

SWP rät Betriebsräten, die mit der Einführung einer solchen Software in ihrem Betrieb konfrontiert werden, wie folgt vorzugehen:

1. Zuständigkeit klären, wenn es einen GBR und/oder KBR gibt

2. Mit dem Arbeitgeber die Themen klären, die mit der Einführung der HCM-Software verbunden sein sollen

3. Mit dem Arbeitgeber die Mitbestimmungsrechte klären, die mit diesen Themen ausgelöst werden

4. Erst dann mit dem Entwurf einer Betriebsvereinbarung beginnen, die alle entstandenen Mitbestimmungsrechte regelt

Wichtig ist es, der Einführung der HCM-Software nicht zuzustimmen, bevor diese Mitbestimmungsrechte nicht umfassend abgearbeitet, mit dem Arbeitgeber besprochen und vereinbart worden sind.

Sollten Betriebsräte bei den Verhandlungen über eine entsprechende Betriebsvereinbarung Unterstützung benötigen, stehen wir hierfür gerne zur Verfügung. Wir beraten im Rahmen der Digitalisierung regelmäßig bundesweit Betriebsräte bei dem Abschluss von Betriebsvereinbarung und bieten Schulungen an zum Thema „Digitalisierung“.