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SWP Blog

02/2020
Arbeiten in Zeiten
von Corona

Arbeitnehmer

Bislang ca. 8.000 „offiziell“ infizierte Menschen allein in Deutschland, Dutzende nachgewiesene Todesfälle, eine Vielzahl abgesagter Messen und sonstiger Großveranstaltungen, abgesagte Spieltage in der Fußballbundesliga und flächendeckende Schulschließungen. Dies ist nur ein Teil der bisherigen Bilanz der weltweiten grassierenden Corona-Epidemie – Tendenz dramatisch steigend.

Auf das Arbeitsleben hat die Epidemie auch schon nachhaltige Auswirkungen. So stehen ganze Branchen, wie z. B. aus dem Messe- und Veranstaltungssektor sowie aus vielen anderen Bereichen vor schwierigen wirtschaftlichen Situationen. Erste Entlassungen hat es schon gegeben und die Bundesregierung hat Maßnahmenpakete über Kurzarbeit etc. beschlossen, wie zu Zeiten der Lehman-Brothers Finanzkrise 2009.

Soviel zur bisherigen Bilanz „im Großen“. Aber was bedeutet dies „im Kleinen“? Was folgt daraus für die einzelne Arbeitnehmerin oder den einzelnen Arbeitnehmer? Was passiert also, wenn der Arbeitgeber sich dazu entschließt, Betriebsteile oder ggfls. ganze Betriebe in Quarantäne zu schicken? Muss der einzelne Arbeitnehmer einer solchen Anordnung Folge leisten? Muss der einzelne Arbeitnehmer sich gesundheitlich untersuchen lassen, wenn der Arbeitgeber dies anordnet? Wer zahlt eigentlich während einer etwa arbeitgeberseitig angeordneten Betriebsschließung die Vergütung? Was geschieht, wenn Schulen schließen und sich einzelne Arbeitnehmer um ihre Kinder kümmern müssen und daher nicht zur Arbeit erscheinen können? Wer zahlt dann das Gehalt?

Wir wollen im folgenden Beitrag versuchen, etwas „Licht ins Dunkel zu bringen“ und für ein wenig Aufklärung im Verhältnis „Arbeitnehmer – Arbeitgeber“ zu sorgen:

Darf ein Arbeitgeber ganze Betriebe oder Teile des Betriebs in Quarantäne schicken?

Eine so gestellte Frage muss klar mit „nein“ beantwortet werden. Keinem Arbeitgeber steht es zu, einzelne Arbeitnehmer oder auch Arbeitnehmergruppen in Quarantäne zu schicken. Quarantäne bedeutet, dass einzelne Menschen oder Gruppen für eine begrenzte Zeit gezwungen werden, sich nicht an die Öffentlichkeit zu begeben. Quarantänemaßnahmen dürfen wenn überhaupt nur die zuständigen Gesundheitsbehörden anordnen. Die Einzelheiten sind in dem Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) geregelt.

Ein Arbeitgeber hingegen ist natürlich berechtigt, seinen Betrieb und Teile davon für einen bestimmten Zeitraum vorübergehend stillzulegen, wenn er sich hierdurch die Vermeidung oder Abwehr von Gesundheitsgefahren durch etwa im Betrieb festgestellte Corona-Infektion verspricht. Als milderes Mittel hierzu kann er auch „Kurzarbeit Null“ anordnen. Sofern in diesem Betrieb ein Betriebsrat gewählt ist, unterliegen derartige vorübergehende Maßnahmen selbstverständlich der innerbetrieblichen Mitbestimmung gem. §§ 87 Abs. 1 Nr. 2, 111 ff. BetrVG. Das heißt ohne Zustimmung des Betriebsrats dürfen solche Maßnahmen nicht angeordnet werden.

Ordnet ein Arbeitgeber eine vorrübergehende Betriebsschließung an, so wird es dadurch den einzelnen Arbeitnehmern natürlich verwehrt, im Betrieb zu arbeiten. Sie verlieren hierdurch jedoch nicht ihren Gehaltsanspruch. Der Arbeitgeber muss daher das Gehalt weiterzahlen, auch wenn er die Arbeitnehmer nicht einsetzen kann.

Anders ist die im Fall von Kurzarbeit. Hier können die betroffenen Arbeitnehmer auf sog. Kurzarbeitergeld zurückfallen.

Darf der Arbeitgeber eine Anordnung punktuell und gegenüber einzelnen Arbeitnehmern treffen?

Diese Frage muss von vorneherein klar mit „ja“ beantwortet werden, sofern es sich bei diesen Beschäftigten um solche handelt, bei denen ein konkreter Infektionsverdacht besteht. Der Arbeitgeber ist auf Grund seiner Verpflichtung, alle ihm zumutbaren Maßnahmen im Rahmen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes seiner Belegschaft zu ergreifen, geradezu verpflichtet, derartige Arbeitnehmer an ihrer Arbeitsaufnahme zu hindern.

Sollte sich der Corona-Verdacht dann bewahrheiten, wäre der betroffene Arbeitnehmer arbeitsunfähig krankzuschreiben, wodurch er seinen Anspruch auf Gehaltszahlung nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) nicht verlöre.

Sollte sich der Verdacht im Ergebnis nicht bewahrheiten, behielte der betroffene Arbeitnehmer ohnehin seinen vertraglichen Gehaltsanspruch.

Ist ein Arbeitgeber berechtigt, einseitig Untersuchungen und/oder Kontrollen gegenüber den Arbeitnehmern anzuordnen?

Eine Anordnung von medizinischen Untersuchungen gegen den Willen eines Arbeitnehmers ist generell unzulässig. Hierzu ist kein Arbeitgeber berechtigt. Selbst die zuständigen Gesundheitsbehörden dürfen dies nur nach Maßgabe und unter Beachtung der Einschränkung durch das Infektionsschutzgesetz (IfSG).

Hat ein Arbeitnehmer Anspruch, im Home-Office zu arbeiten?

Ein solcher Anspruch existiert generell nicht. Etwas anderes gilt nur dann, wenn Arbeitnehmer und Arbeitgeber die Arbeit im Home-Office einzelvertraglich vereinbart haben. Diejenigen Arbeitnehmer, die ohnehin ganz oder teilweise vom Home-Office aus arbeiten, können natürlich in Abstimmung mit dem Arbeitgeber dann den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit ins Home-Office verlagern.

Arbeitnehmer, die jedoch bislang nicht von einem Home-Office aus gearbeitet haben, haben keinen durchsetzbaren Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Einrichtung eines Home-Office. Häufig bestehen auch gar nicht die arbeitsschutzrechtlich erforderlichen räumlichen Gegebenheiten, um überhaupt ein Home-Office einrichten zu können. Zudem eignen sich bestimmte Tätigkeiten, insbesondere im Produktionsbereich nun einmal nicht für ein Home-Office.

Was geschieht, wenn das Kind/die Kinder eines Arbeitnehmers etwa auf Grund einer angeordneten Schulschließung in Quarantäne müssen? Darf ein Arbeitnehmer, der die elterliche Sorge für diese Kinder trägt, dann ebenfalls zu Hause bleiben? Behält er seinen Anspruch auf Vergütung?

Diese Fragen lassen sich nicht so leicht beantworten.

Generell besteht natürlich die Möglichkeit, dass erziehungsberechtigte Arbeitnehmer Erholungsurlaub in Anspruch nehmen, um ihre Kinder zu betreuen. Dies ist jedoch nicht erforderlich, wenn die Voraussetzungen von § 616 BGB vorliegen. Dies wiederum setzt voraus, dass das Kind in einem Alter ist, wo es zwingend der Betreuung bedarf und die Eltern die Betreuung nicht anderweitig, etwa z. B. durch die Großeltern oder sonstige Verwandte organisieren können. Wenn also die erforderliche Kinderbetreuung nur durch die Eltern sichergestellt werden kann, regelt § 616 BGB, dass die betroffenen Arbeitnehmer auf Grund solcher unumgänglicher Umstände von der Arbeit zu befreien sind. Sie müssen dann natürlich auch keinen Urlaub in Anspruch nehmen.

Eine feste zeitliche Grenze regelt § 616 BGB nicht. Die Vorschrift ermöglicht aber nur kurze Abwesenheitszeiten von der Arbeit von bis zu höchstens fünf Tagen. Zur Vermeidung etwaiger Schwierigkeiten sei daher betroffenen Arbeitnehmern dringend geraten, sich hierzu mit demjenigen Arbeitgeber abzustimmen.

Des Weiteren sollte jeder Arbeitnehmer zunächst einmal in seinen Arbeitsvertrag schauen. Denn die Regelung des § 616 BGB gilt nicht einschränkungslos; sie kann und darf in Arbeits- oder in Tarifverträgen eingeschränkt oder auch vollständig ausgeschlossen sein.

Sofern das jeweilige Kind nicht nur vorsorglich in Quarantäne geschickt wurde, es tatsächlich auch selbst erkrankt sein sollte, sieht § 45 SGB V vor, dass sich jeder Elternteil bis zu 10 Tage pro Kind von der Arbeitsleistung freistellen kann. Ein alleinerziehendes Elternteil mit beispielsweise 2 Kindern könnte somit bis zu 20 Tage von der Arbeitsleistung freigestellt werden. Dies gilt jedoch nur für Kinder in einem Alter von unter 12 Jahren. Gesetzlich versicherte haben zudem einen Anspruch auf Zahlung von Kinderkrankengeld gegenüber der Krankenkasse.

Seit Montag können Arbeitnehmer im Übrigen eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AUB) für bis zu sieben Tage erhalten, ohne eine Arztpraxis aufsuchen zu müssen. Es reicht allein ein Telefonat mit ihrem Arzt. Hierauf haben sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der GKV-Spitzenverband aufgrund der bundesweit infolge des Corona-Virus fortbestehenden Ausnahmesituation verständigt.

Jörg Werth

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